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Hysterie
Die Hysterie ist eine krankhafte Art des seelischen Reagierens, die sich vornehmlich dann bemerkbar macht, wenn ein bestimmter Zweck (eine Abwehr oder eine Willensrichtung) verfolgt wird. Dazu ein Beispiel: Niemand findet alle Aufgaben schön, die ihm gestellt werden. Der Gesunde nimmt sich gegebenenfalls zusammen und erledigt sie dennoch. Der Hysterische dagegen erlebt angesichts einer ihm unangenehmen Aufgabe einen so großen inneren Sturm der Abwehr, dass er das sichere Gefühl hat, krank zu werden, wenn er sie trotzdem ausführen würde. und nötigt man ihn noch dringender dazu, die Aufgabe zu erledigen, so stellen sich tatsächlich Krankheitserscheinungen bei ihm ein – etwa starkes Erbrechen oder ein Krampfanfall oder gar eine Lähmung des Armes usw. In gleicher Weise kann es bei den verschiedensten körperlichen und geistigen Funktionen (im Bereich der Sinnesorgane, der Sprache, der Muskelbewegungen, der Magen und Darmtätigkeit) auf Gr und einer Hysterie zu erheblichen Störungen kommen, wenn der Kranke es erlebt, nicht so anerkannt zu werden, wie es seinem, ihm selbst nicht bewussten, Wunsch entspricht – und wie es jeder Gesunde auch möchte, z. B. Mittelpunkt einer Gesellschaft zu sein. Der Gesunde ist dann einfach enttäuscht oder traurig; der Hysterische »erkrankt« (z. B. mit einem Magenkrampf, einem Asthmaanfall oder einer plötzlichen Seh und Gangstörung); dadurch erreicht er Mitleid und auf diese Weise indirekt die unbewusst ersehnte Vorzugsstellung. Zum richtigen Verständnis dieser Art von Krankheitserscheinungen ist hier aber mit Nachdruck hinzuzufügen: Der Hysterische wird nicht »mit Absicht« krank. Die hysterische Reaktion geht im Unterbewusstsein vor sich. Deshalb kann er sich auch nicht mit Willen dagegen wehren und sich »zusammennehmen«, und deshalb leidet er auch wirklich selbst unter den Krankheitserscheinungen seiner Hysterie. Auch die Ursachen, die eine hysterische Reaktion auslösen, sind dem Kranken in den meisten Fällen nicht bewusst. Es bedarf schon großer fachärztlicher Erfahrung, um in einem Einzelfall sicher zu entscheiden, ob beispielsweise eine plötzlich aufgetretene Lähmung eines Armes etwa eine hysterische Lähmung ist oder durch irgendeine körperliche Erkrankung bedingt wurde. Das gilt ebenso für alle anderen Krankheitserscheinungen der Hysterie. Deshalb ist es in jedem Fall notwendig, den Facharzt entscheiden zu lassen, ob Krankheitserscheinungen etwa »hysterisch« sind oder eine körperliche Ursache haben. und ebenso muss die Behandlung einer hysterischen Krankheitserscheinung dem auf diesem Gebiet erfahrenen Arzt vorbehalten bleiben, denn weder Bestrafung noch Kränkung noch gutes Zureden vermögen es, dem an hysterischen Symptomen Leidenden entscheidend zu helfen. Die Symptome einer schweren Neurose können denen einer hysterischen Reaktion sehr ähnlich sein. Die Hysterie beruht auf einer besonderen charakterlichen Veranlagung. Man spricht deshalb besser von einer »hysterischen Persönlichkeit«. Diese Veranlagung braucht allerdings nicht unbedingt zum Vorschein zu kommen. Das geschieht nur in entsprechenden Lebenssituationen. Demnach kommt es bei der Behandlung einer hysterischen Persönlichkeit darauf an, den Betroffenen in einen Lebensraum einzuordnen, der möglichst wenig Anlaß zu hysterischen Reaktionen gibt. Noch eins ist wichtig, besonders für die Umgebung dieser Leidenden: Hysterie beinhaltet kein Werturteil, der Hysterische ist nicht minderwertig oder »schlecht«.
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