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Geschlechtsbestimmung
Mit diesem Wort werden oft zwei sehr verschiedene Unternehmungen bezeichnet. Deshalb hier zunächst eine Klarstellung: Man spricht einmal von »Geschlechtsbestimmung«, wenn es sich um die Frage handelt, ob es möglich ist, das Geschlecht des Kindes vorherzubestimmen, ob es also ein Mittel gibt, dessen sich ein Ehepaar bedienen kann, das sich ganz besonders einen Buben oder ein Mädchen wünscht. Um Verwirrung zu vermeiden, soll dieses Thema hier mit »GeschlechtsVorherbestimmung« bezeichnet werden. Man spricht dann –zweitens – auch von »Geschlechtsbestimmung«, wenn es sich um die Frage handelt, ob es möglich ist, das Geschlecht eines Kindes, das bereits erwartet wird, also beispielsweise zwei oder drei Monate vor der Geburt , zu bestimmen. Dieses Thema soll hier mit »GeschlechtsVoraussage« bezeichnet werden. GeschlechtsVorherbestimmung: Durch die Verschmelzung einer männlichen Samenzelle mit der reifen weiblichen Eizelle ist der eigentliche Befruchtungsvorgang vollzogen (siehe dazu auch Befruchtung). Die männliche Samenzelle ist zugleich der Träger des geschlechtsbestimmenden Merkmals. Je nachdem, ob die männliche Samenzelle, die sich mit der weiblichen Eizelle vereinigte, den Faktor »männlich« oder »weiblich« in sich trug, ist mit der vollzogenen Befruchtung zugleich endgültig festgelegt, ob das Kind, das sich im Laufe der folgenden neun Monate aus dieser befruchteten Eizelle entwickeln wird, ein Bub oder ein Mädel wird. Will man also eine »GeschlechtsVorherbestimmung« erreichen, so ist die Frage zu beantworten, ob es möglich ist, in irgendeiner Weise unter den Samenzellen, die sich der weiblichen Eizelle nähern, eine Auswahl zu treffen, jenen Samenzellen etwa, die Träger des männlichen Merkmals sind, den Weg zur Eizelle zu erleichtern, und jenen anderen, die Träger des weiblichen Merkmals sind, den Weg schwerer zu machen, damit die Wahrscheinlichkeit, dass später ein Junge zur Welt kommt, entsprechend größer wird. – Es gibt bis heute keine völlig gültige Antwort auf diese Frage. Da sie aber immer wieder auftaucht, soll hier zumindest gesagt werden, an welche Beantwortungsmöglichkeit zu denken ist. Dazu zunächst die Tatsache, dass der Chemismus des Sekrets, das normalerweise von der Scheidenschleimhaut abgesondert wird, im Laufe der vier Wochen zwischen zwei Monatsblutungen eine Änderung erfährt: es ist in den ersten vierzehn Tagen etwas sauerer, in den zweiten vierzehn Tagen etwas alkalischer. und eine zweite Tatsache, die sich aus der Statistik ergibt: Ein befruchtender Geschlechtsverkehr während der ersten Hälfte der befruchtungsfähigen Tage (s, dazu Geburtenregelung) führt etwas häufiger zur Geburt eines Mädchens, einer während der zweiten Hälfte etwas häufiger zur Geburt eines Jungen. Diese beiden Feststellungen zusammengenommen haben schließlich (ergänzt durch andere Praxisbeobachtungen) dazu geführt, Scheidenspülungen mit ganz dünner Natronlösung zu empfehlen, wenn der Wunsch nach einem männlichen Kind besteht, oder zumindest für den befruchtenden Geschlechtsverkehr die letzten der befruchtungsfähigen Tage der Frau zu wählen. Ob man damit aber tatsächlich ein Mittel zur GeschlechtsVorherbestimmung an der Hand hat, scheint doch, trotz einiger positiver Beobachtungen, sehr fraglich. So muss es zunächst dabei bleiben, dass es dem Schicksal überlassen wird, ob das Kind, das sich ein Ehepaar wünscht, ein Junge oder ein Mädchen wird. und vielleicht ist es auch besser so. GeschlechtsVoraussage: Hier handelt es sich also um die Frage, ob man das Geschlecht des Kindes, das sich in der Mutter entwickelt, schon vor der Geburt bestimmen kann. Auch darüber ist in letzter Zeit mehrfach berichtet worden, und zwar im Zusammenhang mit dem so genannten »SpeichelTest«. Es ist in der Tat möglich, aus dem Speichel der werdenden Mutter schon in den letzten zwei Monaten der Schwangerschaft durch eine bestimmte chemische Reaktion zu erschließen, ob sich in ihr ein männliches oder ein weibliches Kind entwickelt. Diese Reaktion gibt zwar nicht eine hundertprozentig zuverlässige Auskunft, stimmt aber in etwa 80 Prozent mit den Tatsachen überein. Anhangsweise sei hier noch erwähnt: Nach der Geburtenstatistik werden ziemlich regelmäßig auf je 100 Mädchen 106 Jungen geboren. Die Natur sorgt also –im Durchschnitt gesehen – für eine einigermaßen gerechte Verteilung zwischen Knaben und Mädchengeburten. Wenn später in den einzelnen Jahrgängen etwas mehr Mädchen als Buben vorhanden sind, so liegt das daran, dass männliche Säuglinge durchschnittlich etwas empfindlicher sind als weibliche. Es sterben bald nach der Geburt durchschnittlich mehr Jungen als Mädchen, so dass sich der bei der Gesamtzahl der Neugeborenen vorhandene geringe KnabenÜberschuß in einen geringen MädchenÜberschuß in den folgenden Jahrgängen verwandelt. – Es gibt in diesem Zusammenhang eine seit langem bekannte, merkwürdige Beobachtung: In den ersten Jahren nach einem Krieg werden prozentual mehr Knaben als Mädchen geboren, so dass sich beispielsweise das Verhältnis von Knabenzu Mädchengeburten von 106 zu 100 auf 112 zu 100 verschiebt. Man nimmt heute an, dass diese merkwürdige Änderung im Verhältnis der Knabenzu den Mädchengeburten vielleicht auf einem Mangel an Hyaluronidase (infolge unzureichender’ Ernährung in Kriegszeiten) beruht. Die Hyaluronidase ist ein Stoff, der für viele Lebensvorgänge eine Rolle spielt, z. B. auch für die im Vollzug einer Befruchtung eintretende Verschmelzung zwischen einer männlichen Samenzelle und einer weiblichen Eizelle. Ein Mangel an diesem Stoff scheint die Verbindung einer Samenzelle mit männlichem Merkmal mit der reifen Eizelle zu begünstigen (weil jene offenbar immer noch besser vorankommt, wenn den Samenzellen insgesamt der Weg zur Eizelle erschwert ist), so dass eine Erklärung gegeben wäre, weshalb in den ersten Jahren nach einem Kriege verhältnismäßig mehr Jungen als Mädchen zur Welt kommen. – Ein noch stärkerer Mangel an diesem Stoff Hyaluronidase kann übrigens das Eintreten einer Befruchtung gänzlich unmöglich machen. Auf diesen Zusammenhang ist im Stichwort Kinderlosigkeit eingegangen.
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