Gesundheitslexikon
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Blutgruppen

Auch früher schon haben die Ärzte öfter versucht, einen Menschen durch Übertragung von Blut eines anderen zu retten. Neben einzelnen guten Erfolgen standen aber so viele Mißerfolge –schwere, lebensbedrohende Schockzustände –, dass man diesen Eingriff schließlich nicht mehr wagte. Die Entdeckung, dass es bei manchen Menschen bestimmte Stoffe im Blutserum gibt, die »fremde« rote Blutkörperchen zum Zusammenballen (Agglutination) bringen, hat die Ursache dieser schweren Zwischenfälle bei Blutübertragungen geklärt. Auch hat sich nachweisen lassen, dass jeder Mensch entweder den einen dieser Stoffe oder den anderen –zwei gibt es im ganzen – oder beide zugleich oder gar keinen von beiden in seinem Serum
hat. Demnach gibt es also vier Blutgruppen, und jeder Mensch gehört zu einer von ihnen, und diese Blutgruppenzugehörigkeit behält er sein Leben lang. Auf Gr und dieser Erkenntnis ist die Bluttransfusion (siehe dort) gefahrlos geworden: Man wählt als Blutspender einen Menschen, der die gleiche Blutgruppe hat wie jener, dem das Blut übertragen werden soll. Im Notfall kann als Blutspender auch ein Mensch mit der Blutgruppe 0 herangezogen werden, weil dieses Blut auch von jedem mit anderer Gruppenzugehörigkeit reaktionslos aufgenommen wird. (Menschen mit der Blutgruppe 0 nennt man deshalb »Universalspender«.) Die Tatsache, dass jeder Mensch zu einer dieser vier Blutgruppen (A, B, AB, 0) gehört, wird auch in der Rechtspflege und in der Kriminalistik zur Klärung bestimmter Zweifelsfälle herangezogen. Entdeckt man beispielsweise bei einem Verdächtigen an seinen Kleidern Blutspuren und behauptet er, dass diese Blutflecken zustande kamen, als er sich kürzlich in den Finger geschnitten hat, so wird der Gerichtsarzt die Blutgruppe des Verdächtigen bestimmen und die Blutgruppe der Blutspuren in seinen Kleidern. Ergeben beide Untersuchungen nicht die gleiche Blutgruppe, so ist damit zumindest erwiesen, dass die Behauptung des Untersuchten nicht der Wahrheit entspricht. – Manchmal kann die Blutgruppenuntersuchung auch eine Klärung in Vaterschaftsprozessen bringen: Das Kind erbt seine Blutgruppe entweder von seiner Mutter oder von seinem Vater. Hat ein Kind nun eine andere Blutgruppe als die Mutter, so muss es seine Blutgruppe vom Vater geerbt haben. Stellt sich bei der Blutgruppenuntersuchung eines Mannes, der im Verdacht steht, der Vater dieses Kindes zu sein, heraus, dass seine Blutgruppe nicht mit der des Kindes übereinstimmt, so kann es damit als nachgewiesen gelten, dass dieser Mann nicht der Vater des Kindes sein kann. So kann die Blutgruppenuntersuchung unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. der, dass Mutter und Kind nicht die gleiche Blutgruppe haben) einen Mann von dem Verdacht der Vaterschaft freisprechen. Natürlich kann die Blutgruppenuntersuchung – umgekehrt – niemals mit Sicherheit nachweisen, dass ein bestimmter Mann der Vater des Kindes ist, denn es gibt ja viele ’43 Blutgruppen Männer, die einer bestimmten Blutgruppe angehören. Wenn man nicht nur die klassischen Blutgruppen, sondern alle inzwischen noch entdeckten und von den Gerichten anerkannten Blutgruppeneigenschaften berücksichtigt, lassen sich im Durchschnitt bei allen Mutter/KindKombinationen 840/0 der zu Unrecht als Vater in Anspruch genommenen Männer ausschließen. Zur Technik der Blutgruppenuntersuchung sei hier noch erwähnt, dass dazu lediglich ein Tröpfchen Blut des Untersuchten gehört, das mit bestimmten »Testseren« auf einem kleinen Glasplättchen zusammengebracht wird. Nach wenigen Minuten kann durch mikroskopische Betrachtung des Blutfleckchens entschieden werden, zu welcher Blutgruppe der Untersuchte gehört. Neben den eingangs erwähnten vier »klassischen« Blutgruppen lassen sich bei entsprechend präziser Untersuchung noch bestimmte Untergruppen feststellen. Sie brauchen jedoch hier nicht näher geschildert zu werden, weil ihnen für die praktischen Folgerungen aus der Lehre von den Blutgruppen (für die Bluttransfusion usw.) keine weitere entscheidende Bedeutung beigemessen wird. Dagegen muss nun hier noch eine der Blutgruppenzugehörigkeit ähnliche Eigenschaft des menschlichen Blutes erwähnt werden, die erst wesentlich später als die eigentlichen Blutgruppen entdeckt wurde und die seither manches Krankheitsgeschehen aufgehellt hat, das zuvor völlig unerklärlich war. Zunächst wurde gefunden, dass das Blutserum von Kaninchen eine besondere Eigenschaft gewinnt, wenn man dem Kaninchen wiederholt kleine Mengen Affenblut einspritzt. Das Kaninchenserum gewinnt dann die Eigenschaft, die roten Blutkörperchen des Affenblutes zur Verklumpung zu bringen. Bringt man nun Blutserum eines solchen Kaninchens mit Menschen- blut zusammen, so stellt sich heraus, dass 850/0 aller Menschen rote Blutkörperchen haben, die ebenfalls von diesem Serum zusammengeballt werden. 85 o/o aller iensdien haben also rote Blutkörperchen, e einen gleichen Faktor besitzen wie die roten Blutkörperchen von Affen. Die Untersuchungen wurden mit RhesusAffen angestellt. So sagt man,, unter Benutzung der Anfangsbuchstaben dieser Affenart, dass 85./0 aller Menschen rote Blutkörner die mit Rhpositiver Eigenschaft haben; und die restlichen 150/0 aller Menschen haben rote Blutkörperchen, denen diese Eigenschaft fehlt (sie sind rhnegativ). Es ist wichtig zu wissen, dass die Eigenschaft der roten Blutkörperchen des Menschen, Rhpositiv oder rhnegativ zu sein, ganz unabhängig von der Zugehörigkeit des Blutes zu einer der vier Blutgruppen A, B, AB oder 0 besteht, und dass auch die RhEigenschaft vererbt wird. Nach dieser theoretischen Vorbemerkung nun das praktische Ergebnis dieser Feststellungen: Angenommen, ein Ehepaar erwartet ein Kind; die Frau sei rhnegativ, der Mann Rhpositiv. Erbt das Kind die RhEigenschaft des Vaters, so kommt es zum gleichen Geschehen wie in dem erwähnten Experiment, als man einem Kaninchen Affenblut einspritzte: Die Rhpositive Eigenschaft der roten Blutkörperchen des Kindes bewirkt, dass sich im Blutserum der Mutter ein Gegenstoff bildet. Tritt dieser Gegenstoff nun wiederum auf den Embryo über, so werden dadurch nun rote Blutkörperchen des Embryos zusammengeballt. Das bedeutet eine Schädigung der Gesundheit des sich im Mutterleib entwickelnden Kindes. Diese Gesundheitsschädigung kann sich beispielsweise als angeborene schwere Gelbsucht des Neugeborenen äußern. (Darüber Näheres unter Gelbsucht der Neugeborenen.) Die Schädigung des Embryos kann aber auch so erheblich sein, dass er noch vor der Geburt stirbt. Es gibt Frauen, die zu wiederholten Malen zwar empfangen, bei denen aber keine Schwangerschaft glücklich verläuft, sondern bei Blutkreislauf denen die Frucht immer einige Wochen vor der Geburt abstirbt. Man ewusste früher keine Erklärung für diese Kette unglücklicher Ereignisse, weil alle Untersuchungen ergaben, dass Mann und Frau offensichtlich völlig ges und waren. Seit bekannt ist, dass der Mensch neben seiner Zugehörigkeit zu einer der vier Blutgruppen auch noch eine besondere Blutkörpercheneigenschaft (Rhpositiv oder rhnegativ) hat, sind diese Fälle mehrerer Totgeburten bei einer sonst gesunden Frau erklärbar geworden. Man hat aus diesen Forschungsergebnissen – das sei hier noch abschließend erwähnt – auch gelernt, dass es bei der Behandlung mit Blutübertragungen wichtig ist, auch auf diese »RhesusEigenschaft« zu achten. Gehört der Patient zu den 15 °/o Menschen, die rhnegativ sind, und sind über längere Zeit wiederholte Blutübertragungen notwendig, so ist es angebracht, einen Spender zu wählen, der ebenfalls rhnegativ ist. Das gleiche gilt für Blutübertragungen bei rhnegativen Mädchen bzw. Frauen (im Hinblick auf eine später eintretende Schwangerschaft).

 

 

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