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Streßbewältigung

»War ich heute wieder im Streß«, heißt es oft am Abend eines ereignisreichen Tages. Wenn Sie das selbst noch nicht gesagt haben, dann haben Sie es bestimmt schon gehört. Was bedeutet es? Mit dem einfach so dahingeworfenen Ausspruch können zwei verschiedene Welten des Stresses gemeint sein: Der gesunde, lebensnotwendige Streß (Fachausdruck: »Eustreß«), aber auch der gefährliche, manchmal lebensbedrohende Streß (Fachausdruck: »Distreß«). Die Fachausdrücke Eustreß und Distreß prägte der »Vater« der Streßforschung, Professor H. Selye, sie haben sich aber nicht durchgesetzt. »War ich heute wieder mal im Streß!« kann heißen, daß es sich um einen turbulenten, anstrengenden und schwierigen Tagesablauf handelte, der einem alles abverlangte, bei dem alle Kräfte eingesetzt werden mußten; daß aber nun alles vorbei und ausgestanden ist und der Streß
mit der beginnenden Entspannung einfach von einem abfällt - möglicherweise bei einem Gläschen Wein.
»War ich heute wieder mal im Streß!« kann aber auch bedeuten, daß der turbulente, anstrengende und schwierige Tag zwar vorbei ist, daß aber die Probleme und Spannungen in einem weiter-bohren, daß mit dem Ende des Tages die Streßsituation keineswegs vorbei ist, daß nicht abgeschaltet werden kann und die stressige Anspannung selbst im Schlaf noch weiterwirkt. Das sind die beiden Grundformen des Stresses: der positive und der negative.
Streß ist die Reaktion des Organismus auf innere und/oder äußere Reizfaktoren. Streßauslösend können äußere Lebensumstände sein, wie Gefahrensituationen oder Überarbeitung, und innere Faktoren wie familiäre Konflikte oder berufliche Spannungen. Jeder Mensch braucht ein gewisses Maß an Streß, das heißt eine stimulierende Wirkung sowohl physischer wie psychischer Art. Unser Organismus reagiert auf die lebensnotwendigen Reize aus der Umwelt. Entsprechende Schutzmechanismen sorgen dafür, daß wir mit den Reizen fertig werden.
In früheren Zeiten funktionierte dieser Schutzmechanismus einwandfrei. Wenn Menschen eine Gefahr drohte, war die Gegenreaktion entweder Flucht oder Kampf. In jedem Fall mußte der Organismus die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen der Gegenreaktion schaffen: Pulserhöhung, Blutdrukkerhöhung, Steigerung der Atemfrequenz, Zunahme der Blutgerinnungsfähigkeit, vermehrte Ausscheidung von Hormonen. Die drohende Gefahr versetzte den Körper also in einen Zustand der physiologischen Anspannung, die sich entweder in der körperlichen Gegenwehr oder Flucht entlud.
Dieser Mechanismus hat sich bis heute nicht verändert. Bei Gefahr laufen immer noch die gleichen Reaktionen im Körper ab. Was sich jedoch inzwischen gewandelt hat, ist die Art der Gefahr und die Art der Gegenreaktion. Gefahren in unseren hochindustrialisierten Gesellschaften sind in erster Linie die seelisch-psychischen Belastungen, die die modernen Streßfaktoren darstellen. Unsere organische Reaktion jedoch kann nicht wirksam werden, denn Flucht oder Kampf sind meist nicht die adäquaten Gegenmaßnahmen zur Streßbewältigung. Der durch die Streßfaktoren aufgebaute Spannungszustand des Körpers kommt nicht mehr zur Entladung, es kommt zu einem Stau, zu innerer Unruhe und zu ständigem Angespanntsein. Deshalb macht der Streß uns krank. Streß ist sicherlich schwierig zu messen und zu bestimmen. Es steht aber außer Zweifel, daß er als Risikofaktor für viele Krankheiten, insbesondere für den Herzinfarkt, eine bedeutende Rolle spielt.
Ein paar Tips, wie Sie Ihren Streß in den Griff bekommen:
• Versuchen Sie, in der Gegenwart zu leben; vermeiden Sie die Überbewertung der Vergangenheit und Zukunft!
• Akzeptieren Sie von außen kommende Streßsituationen, die Sie sowieso nicht ändern können.
• Sie sollten Ihre Ernährung, Arbeit, Freizeit, sportliche Betätigung, Ruhe, Entspannung, Ihren Schlaf in ein vernünftiges und ausgewogenes Verhältnis zueinander bringen.
• Alle Einflüsse, die Ärger, Druck und ständiges Angespannt-sein bewirken, ob im Beruf durch zu großen Ehrgeiz und Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, oder in den persönlichen Beziehungen durch emotionale Spannungen, Feindseligkeiten, die Unterdrückung von Gefühlen, sollten abgebaut werden.
Außerdem möchte ich Ihnen noch zwei ganz konkrete Maßnahmen nennen, mit denen Sie dem Risikofaktor Streß wirksam Paroli bieten können. Es handelt sich dabei um Entspannungsübungen und ein regelmäßiges Ausdauertraining. Der bekannte deutsche Sportmediziner Professor Hollmann hat es auf die Formel gebracht: »Je besser ein Mensch ausdauertrainiert ist, desto geringer ist in Streßsituationen die Ausschüttung der Streßhormone«.
Ausdauersport, allerdings dosiert und nicht wettbewerbs- und konkurrenzorientiert, stellt mit seinen muskulären Beanspruchungen und entspannenden Wirkungen eine hervorragende Möglichkeit zur Streßbewältigung dar. Denn ein trainiertes, ökonomisiertes Herz-Kreislauf-System kommt mit Streßsituationen aufgrund seiner höheren Flexibilität besser zurecht. Sorgen Sie deshalb für einen guten Ausdauertrainingszustand!

 

 

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