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Betäubung
Die Einführung der Allgemeinbetäubung (Narkose) vor über hundert Jahren hat die Chirurgie humanisiert und ihren weiteren Ausbau erst ermöglicht. Die Entwicklung der modernen Narkoseverfahren hat in den letzten Jahren so große Fortschritte gemacht, dass sich ein eigenes Fachgebiet, die Anästhesiologie (Lehre von der Schmerzbetäubung), gebildet hat. Die Fachärzte, die dieses Gebiet betreiben, heißen Anästhesisten; sie sind für die Vorbereitung des Patienten für die Narkose, für die Durchführung von Narkose, Blutersatz und Schockbehandlung während der Operation sowie für die Überwachung der Frischoperierten verantwortlich. Abgesehen von Notfallen werden die Patienten vor der geplanten Narkose bzw. Operation eingehend untersucht, um eventuelle Lungen, Herz, Stoffwechsel, Blut, Wasser- und Mineralhaushaltsstörungen aufzudecken und durch eine entsprechende Therapie auszugleichen sowie die Narkoseverfahren darauf abzustimmen. Zur weiteren Vorbereitung der meist beunruhigten Kranken gehört die Vorbehandlung mit Beruhigungs, Schlaf, Schmerz- und Entspannungsmitteln. Angst und Unruhe des Patienten sind die ärgsten Feinde jeder Narkose. Bei dieser Vorbehandlung richtet sich der Arzt nach Alter, Gewicht und Konstitution des Kranken. Während des ganzen Eingriffs muss der Narkotisierte ständig überwacht werden; es werden Herz, Kreislauf und Atmung laufend kontrolliert. Diese anästhesiologische Überwachung wird auf die kritischen Phasen nach der Operation bis zur endgültigen Normalisierung der genannten Körperfunktionen ausgedehnt. Die modernen Anästhesieverfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass sie folgende Funktionen getrennt steuerbar ausschalten: Bewusstsein, Schmerz, Muskelspannung (Abwehrspannung) und Reflexe. Gleichzeitig erlauben sie eine getrennte Steuerung oder ganze Übernahme lebenswichtiger Funktionen (Atmung, Blutkreislauf). Man unterscheidet drei Narkosestadien, die bei Beginn nacheinander und bei Beendigung der Narkose rückläufig durchlaufen werden: 1. Rauschstadium: die Schmerzempfindung ist herabgesetzt, das Bewusstsein noch teilweise erhalten; es erfolgen noch gerichtete Abwehrbewegungen, die Atmung ist normal. 2. Erregungsstadium: Bewusstsein ausgeschaltet, Atmung unregelmäßig, Erbrechen, übertriebene Reaktionen, Bewegungsdrang. 3. Toleranzstadium: tiefe Bewusstlosigkeit, Reflexe zum größten Teil erloschen, regelmäßige Atmung; das ist das Stadium, in welchem der Chirurg ungestört operieren kann. Würde jetzt die Narkose weiter verstärkt werden, käme es zu einem 4. Stadium (Lähmungsstadium) mit Aufhören der Atmung und Versagen des Kreislaufs. Mit Hilfe der modernen Narkosemittel und verfahren gelingt es, die ersten zwei Stadien schnell zu überwinden und alsbald das Toleranzstadium zu erreichen. Eine gute Narkose zeichnet sich dadurch aus, dass sie gut steuerbar ist, d. h., dass sich die Wirkung entsprechend der Dosis ändern lassen muss und dass diese Wirkungsänderung in kürzester Zeit erreicht werden .14 Betäubung kann. Gut steuerbar ist vor allem die Inhalationsnarkose, bei der die Narkosemittel gas- oder dampfförmig eingeatmet werden. Es wurden Narkoseapparate geschaffen, die eine exakte Dosierung, Zufuhr von Sauerstoff und Einsparung von Narkosemitteln ermöglichen. Heute wird die HalothanLachgasSauerstoffAnästhesie am meisten benutzt. Eine solche Narkose wird gewöhnlich durch die intravenöse Injektion eines Schlafmittels eingeleitet. Wesentlicher Bestandteil der modernen Anästhesie ist die Intubation: ein Schlauch oder Rohr wird durch M und oder Nase in die Luftröhre eingeführt; dadurch wird garantiert, dass die Atemwege jederzeit frei sind. Eine zusätzliche Erschlaffung der Skelettmuskulatur wird durch die so genannten Muskelrelaxantien wie Curare (indianisches Pfeilgift) erzielt. Die intravenöse Narkose wird entweder als Einleitungs- und Basisnarkose oder allein als Kurznarkose (1520 Minuten Dauer) angewendet. – Die Darmnarkose (rektale Narkose) durch Verabreichung eines Narkosemittels per Darmeinlauf wird nur noch gelegentlich durchgeführt. – Die Kombinationsnarkose (Neuroleptanalgesie) besteht aus einer Inhalationsanästhesie, starken Schmerzmitteln und Psychopharmaka; da sie die wichtigsten Lebensfunktionen weniger beeinFlusst, eignet sie sich besonders für die Alters, Herz und Neurochirurgie. – Der »künstliche Winterschlaf« (artifizielle Hibernation) besteht aus einer Narkose mit bestimmten Mitteln und einer äußeren Abkühlung des Narkotisierten; alle Lebensvorgänge werden dabei weitgehend reduziert, so dass größere Operationen (besonders Herzoperationen) möglich werden. – Die kontrollierte Blutdrucksenkung mittels Arzneimitteln, die die Gefäßnerven lähmen, gestattet in Kombination mit einem Narkoseverfahren operative Eingriffe, die voraussichtlich zu starken Blutungen führen. – über die örtliche Betäubung ist unter Lokalanästhesie gesprochen.
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