Gesundheitslexikon
gesundheitslexikon
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

 

Zwillinge

Mehrlingsgeburten sind beim Menschen verhältnismäßig selten. Nach der Statistik werden bei 80 bis 90 Geburten einmal Zwillinge geboren; Drillinge kommen nur einmal unter 7000 bis 8000 Geburten vor, Vierlinge nur einmal unter 600 000 und 700000; und einmal unter 50 Millionen Geburten kommen Fünflinge zur Welt. – Es gibt zwei verschiedene Arten von Zwillingen: zweieiige und eineiige Zwillinge. Zweieiige Zwillinge sind zwei Kinder – zwei Buben oder zwei Mädchen oder ein Junge und ein Mädchen –, die von einer Mutter am gleichen Tage geboren werden. Sie sind sich nicht ähnlicher, als es auch sonst Geschwister sind; zum Verwechseln geben sie keinen Anlaß. Das ist verständlich, denn sie entwickeln sich aus zwei Eizellen, die bei der Mutter ausnahmsweise zu gleicher Zeit reif und befruchtungsfähig geworden waren, während üblicherweise immer nur eine weibliche Eizelle zur Befruchtung
reif wird. Näheres darüber s. Befruchtung. Zweieiige Zwillinge sind also nichts anderes als zwei Geschwister, die am gleichen Tag geboren werden. Die Tatsache, dass bei der Mutter zu gleicher Zeit zwei Eizellen reif wurden, spricht für eine besondere Fruchtbarkeit der Frau. Diese besondere Fruchtbarkeit scheint bis zu einem gewissen Grade erblich zu sein, denn es gibt Familien, in denen in den verschiedenen Generationen weit häufiger Zwillingsgeburten vorkommen, als es sonst im Durchschnitt der Fall ist. Jene Zwillinge, die sich ihr ganzes Leben lang so ähnlich sind »wie ein Ei dem anderen«, sind eineiige Zwillinge. Sie verdanken ihr Zwillingsdasein der Tatsache, dass sich kurz nach der Befruchtung einer weiblichen Eizelle die beiden ersten aus dieser befruchteten Eizelle entstandenen Tochterzellen voneinander getrennt haben und sich jede von ihnen zu einem vollkornenen Kind weiterentwickelt hat. Derrtige eineiige Zwillinge, die also beide aus einer einzigen befruchteten weiblichen Eielle stammen, haben selbstverständlich as gleiche Geschlecht, sind also entweder wei Buben oder zwei Mädchen, haben lemnach auch genau die gleichen Erb.nlagen und sind sich im späteren Leben, vie gesagt, zum Verwechseln ähnlich – es ‚ei denn, diese beiden Kinder würden inter sehr verschiedenen äußeren Umstänlen aufwachsen und diese Verschiedenheit 1er äußeren Lebensbedingungen hätte langsam auch zu einer gewissen Verschieienheit, B. der körperlichen Entwicklung, geführt. Das ist eine bedeutungsvolle Einschränkung, und diese Überlegung ist der Anlaß, weshalb die Zwillingsforschung innerhalb der Vererbungsforschung eine so wichtige Rolle spielt: Jedes Lebewesen ist das Produkt aus Erbanlagen und Umwelteinflüssen, und es ist im Allgemeinen nicht ganz leicht, mit Sicherheit zu sagen, wie weit eine Eigenschaft die Auswirkung einer entsprechenden ererbten Anlage oder das Ergebnis von Umwelteinflüssen (Ernährung, Erziehung usw.) ist. Die Tatsache, dass es eineiige Zwillinge gibt (unter 7 Zwillingsgeburten findet sich nach der Statistik einmal ein Pärchen eineiiger Zwillinge), verschafft die Möglichkeit, bei entsprechenden Forschungen weiterzukommen. Denn: Von eineiigen Zwillingen weiß man mit Sicherheit, dass sie genau die gleichen Erbanlagen haben, und so weiß man auch mit Sicherheit, dass alles, was an ihnen später unterschiedlich ist, durch entsprechende Umwelteinflüsse zustande gekommen sein muss. So kann man also gut erkennen, wie wenig oder wie stark sich Umwelteinflüsse auf die Entwicklung eines Menschen auswirken können, oder – umgekehrt –wie wenig oder wieviel EinFluss den Umweltfaktoren zugeschrieben werden darf, wenn es sich z. B. darum handelt, die Auswirkung einer bestimmten erblichen Veranlagung bei der weiteren Entwicklung eines Menschen zu hemmen oder zu fördern. Anhangsweise sei hier noch erwähnt: Damit aus einer einzelnen befruchteten weiblichen Eizelle zwei völlig selbständige, lebensfähige Kinder entstehen, ist es notwendig, dass sich die beiden ersten Tochterzellen, die durch Teilung der befruchteten Eizelle entstehen, auch wirklich endgültig selbständig machen. Trennen sich diese beiden Tochterzellen nicht so vollkommen voneinander, sondern bleiben sie in einem mehr oder weniger großen Bezirk miteinander auch weiterhin verbunden, so entstehen entsprechende Mißbildungen. So kann es beispielsweise zur Geburt von so genannten siamesischen Zwillingen kommen, also von zwei eineiigen Zwillingen, die auch noch nach der Geburt in einem bestimmten Bezirk, etwa an der Brust oder am Kopf, miteinander verbunden sind. – In der Krankheitslehre spielt auch noch ein anderes Vorkommnis des gleichen Ursprungs eine gewisse Rolle: Es kann sein, dass sich nur eine der beiden Tochterzellen zu einem vollkommenen Lebewesen entwickelt, während die andere ganz kümmerlich bleibt und nur ein Klümpchen von Anlagen ist, das später als kleine Geschwulst, etwa in der Gegend des Kreuzbeins, und von außen meist gar nicht bemerkbar, dem erwachsenen Menschen (der also eigentlich als Zwilling, zusammen mit einem anderen, auf die Welt kommen sollte) anhaftet. Gelegentlich entwickelt sich in späteren Jahren aus einem solchen Klümpchen von Anlagen, also aus dem verkümmerten anderen Zwilling, ein richtiges Gesdiwulstleiden, wenn nämlich diese Anlagen, die dort verborgen ruhten, plötzlich zu wachsen und zu wuchern beginnen. Eine solche Geschwulst (Teratom) muss dann wie jede andere Geschwulst operativ entfernt werden. Der Arzt findet dann in ihr alle möglichen »Anlagenreste«, so etwa ein Stückchen Knochen und ein paar Haare usw., woraus er nun nachträglich erkennen kann, dass sein Patient »eigentlich« ein Zwilling hätte werden sollen

 

 

Diese Seite als Bookmark speichern :

 

<< vorhergehender Begriff
nächster Begriff >>
Zwergwuchs
Zwischenhirn

 

Weitere Begriffe : Ziegenpeter | Durchblutungsstörungen | Urethra