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Nervensystem In seiner Gesamtheit ist das N. eine untrennbare funktionelle Einheit. Um jedoch seinen Aufbau und seine Funktion zu verdeutlichen, unterscheidet man drei Systeme:
das Zentralnervensystem (ZNS), das aus Gehirn und Rückenmark mit allen dazugehörigen Verbindungsstellen besteht; das periphere N., das alle in die Außenbezirke des Körpers laufenden Nervenstränge mit ihren Endorganen umfaßt, außerdem die Rückenmarkswurzeln und 12 sog. paarig angelegte Hirnnerven, die von der Basis des Gehirns ausgehen; das vegetative (autonome) N., das sich in Sympathikus Das N. hat zwei grundlegende Funktionen: die Entdeckung und Verarbeitung von Informationen sowie die Auslösung und Steuerung von Bewegungen, die durch Muskeltätigkeit herbeigeführt werden. Es verbindet alle Bereiche des Körpers untereinander, vergleichbar mit einem vielfach verzweigten, unvorstellbar großen, sinnvoll arbeitenden Telefonnetz. Es besitzt die Fähigkeit, alle Zellen so zu beeinflussen, daß sie ihre Aufgaben in der richtigen Zeit, in der richtigen Reihenfolge und der richtigen Art und Weise ausführen. Dabei werden auch automatische Entscheidungen getroffen, z. B. ob eine Aufgabe dringend ist und vorgezogen werden soll oder ob sie als zweitrangig zurückgestellt werden kann. Das N. ist die Voraussetzung dafür, daß im menschlichen Körper die verschiedenen Aufgaben und Tätigkeiten sinnvoll koordiniert sind und sich der Mensch in seiner Umwelt zurechtfindet und orientieren kann. Die Grundbausteine des N.s sind die Nervenzellen oder Neurone. Sie unterscheiden sich untereinander durch ihre Größe, ihr Aussehen und ihre Verzweigungsart. Wenn man für das Aussehen der Nervenzelle einen bildlichen Vergleich heranziehen will, so kann man sie mit einem Tintenfisch vergleichen. Sie hat einen mittelständigen Zelleib, von dem die verschiedenen Arme ausgehen. Einer dieser Fortsätze oder Arme, und zwar der größte, leitet die Informationsimpulse (es sind elektrische Wellen) von der Zelle fort; er wird als Neurit bezeichnet. Die übrigen Fortsätze (Dendriten genannt), deren Anzahl unregelmäßig ist, empfangen die Impulse und leiten sie zum Zellkörper, der sie überprüft, weiterverarbeitet und gegebenenfalls über den Neurit weiterleitet. Diese Nervenfasern werden zur »Isolation« von einer Myelinscheide (auch Markscheide genannt) umkleidet, genauso wie die Drähte eines elektrischen Kabels gegen die Umgebung mit einer Schutzhülle versehen sind. Auf dem Weg durch den Körper verlaufen Neuriten und Dendriten nicht planlos, sondern meistens parallel, zu größeren Strangeinheiten gebündelt, und bilden so Nervenwege, die mehrere Millimeter dick sein können und als »Nerven« bezeichnet werden. Auch diese größeren Stränge sind wie Telefondrähte von einer biegsamen Hülle, der Bindegewebshülle, umgeben. Wird ein solcher Nervenweg z. B. bei einer Schnittverletzung durchtrennt, so werden viele Neuriten zerschnitten und der Informationsfluß ist auf diesen Bahnen unterbrochen. Dabei kann es zu Lähmungen kommen, da die betroffene Muskulatur keine Informationen mehr erhält. Nervenzellen selbst sind so hoch organisiert, daß sie sich nicht wieder erneuern, wenn sie einmal zerstört sind. Die Neuriten hingegen können wenn auch langsam wieder nachwachsen, jedoch nur von dem Ende her, das noch Verbindung mit dem Zelleib hat. Damit sie den richtigen Weg zum anderen Teil des durchtrennten »Nervenkabels« auch wiederfinden, werden heute bei Nervenverletzungen mit Erfolg sog. Nervennähte gelegt, wobei man die beiden Nervenenden durch feinste Fäden aneinanderkniipft. In einigen Körperteilen konzentrieren sich die Nervenzellen haufenförmig. Solche Anhäufungen bezeichnet man als Ganglion. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Plexus solaris, das Sonnengeflecht; ein leicht verletzliches Ganglion in der Nähe des Magens. Wie arbeitet das N.? Es wurde schon erwähnt, daß die außergewöhnliche Leistung der Nervenzellen und ihrer Fortsätze darin besteht, daß sie die Fähigkeit haben, Impulse von und zu anderen Körperzellen zu leiten und sie auch untereinander auszutauschen oder zu koordinieren. Die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen heißt Synapse. Was an diesen »Schweißstellen« des N.s im einzelnen geschieht, ist noch nicht restlos geklärt. Sicherlich spielen an der Synapse elektrische Momente und chemische Überträgerstoffe gemeinsam eine Rolle. Die Synapsen sind in ihrer Funktion mit einem Transformator vergleichbar, wo Impulse in einen Befehl oder eine Handlung umgewandelt werden. Man kann einen Nervenimpuls mit dem Verhalten des elektrischen Stromes vergleichen. Da aber die Fortleitung des Impulses im Nerven auf eine komplexere und andersartige Weise als die des Stroms in einem leitenden Metall erfolgt, sind die Nervenimpulse in ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit viel langsamer, etwa 50 bis 100 m/Sekunde. So erklärt sich die Reaktionszeit von ca. 1 Sekunde, bis z. B. beim Autofahren eine bestimmte Gefahr erkannt ist (Schrecksekunde) oder bis beim Auflegen der Hand auf eine heiße Ofenplatte die Muskulatur den Befehl erhält, die Hand wieder zurückzuziehen. Bei den Nerven können wir aufgrund ihrer Funktion eine Unterteilung vornehmen: Es gibt motorische Nerven, die Befehle oder Informationen vom Zentralnervensystem in alle Randgebiete des Körpers (vorwiegend zur Muskulatur) leiten, und sensorische Nerven, die Sinneseindrücke aller Art zum Gehirn transportieren und dort in Empfindungen wie Sehen, Hören, Schmerz und Freude umwandeln. Als Verbindungsglied zwischen sensorischen und motorischen Zellen sind Zwischenzellen, sog. Assoziationszellen, eingeschaltet. Sie befinden sich in allen Ganglien, besonders im Gehirn, und haben untereinander Verbindung. Ihre hemmenden oder stimulierenden Wirkungen auf die elektrischen Impulse der motorischen und sensorischen Nerven legen einen Vergleich mit den Schaltern und Relais eines Telefonnetzes nahe. Die Assoziationszellen sind für die Fähigkeit des N.s verantwortlich, die von den sensorischen Nerven aus der Peripherie herbeigeleiteten Impulse auszuwählen, zu deuten und in Befehle für die motorischen Nerven »umzuprogrammieren«. Diese enorme Aktivität spielt sich im Unterbewußtsein des Menschen ab. Als Reflex wird die grundlegende Eigenschaft des N.s bezeichnet, die auf eine Reizung eine unwillkürliche Antwort folgen zu lassen. Im einfachsten Fall setzt ein Reiz einen Impuls in den Endverästelungen eines sensorischen Nerven frei. Dieser Impuls wird über den Neuriten der Nervenzelle zu ihrem Zellkörper geleitet und von dort über Dendriten auf weitere Nervenzellen übertragen. An einer passenden Synapse springt der Impuls auf eine oder mehrere Assoziationszellen über. Dort wird er so umgewandelt, daß er auf eine motorische Nervenzelle überspringen kann. In deren Neurit wird er zu seinem Ausgangsort zurückgeschickt und löst nun eine Muskelkontraktion oder Zellaktion aus. Den Weg, den der Impuls vom Reizort bis zum reagierenden Organ durchläuft, bezeichnet man als Re f lexbogen. Reflexe bewirken einfachste bis komplizierteste Aufgaben, vom Zukneifen der Augen bis zum perfekten Klavierspiel. Das Zentralnervensystem ist, wie der Name sagt, die Zentrale oder das Zentrum für die Überwachung, Koordinierung und Dirigierung aller Lebens und Körperfunktionen. Alles, was wir bewußt fühlen oder tun, entsteht im Zentralnervensystem und wird dort verarbeitet. Auch die unbewußten Gedanken, Gefühle und Konflikte sind hier zu suchen. Körperfunktionen wie Atmung, Verdauung, . Stoffwechsel, Sekretion, Wasserhaushalt usw., die als notwendige Lebensgrundlagen vom vegetativen N. gesteuert werden, werden von der übergeordneten Instanz, dem Zentralnervensystem, kontrolliert und überwacht. Das Gehirn des Erwachsenen wiegt etwa 1,3 kg. Es wird unterteilt in das Großhirn, den Hirnstamm, der in das Rückenmark übergeht, und das Kleinhirn, welches hinter dem Hirnstamm unterhalb des Großhirns liegt und für die feine Steuerung von Bewegungen verantwortlich ist. Die Oberfläche des Großhirns (es ist unterteilt in die linke und die rechte Großhirnhemisphäre) besteht aus Windungen mit dazwischenliegenden Spalten. Die Windungen bilden mehrere Hirnlappen, von denen jeder eine besondere Funktion hat. Innerhalb des Gehirns gibt es vier miteinander in Verbindung stehende Höhlen oder Kammern (Ventrikel), in denen Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) zirkuliert, die als Stoßdämpfer für das sehr zarte Gewebe dient. In der Nähe der Hirnkammer gibt es mehrere Ansammlungen von grauer Substanz, die man als Basalganglien bezeichnet. Sie sind von grauer Farbe und lichtdurchlässig wie die Hirnrinde, da sie mit Nervenzellen gefüllt sind; die weiße Substanz darunter erscheint im Gegensatz dazu blaß und undurchsichtig, da sie aus Nervenfasern mit fetthaltigen Isolierscheiden besteht. Die Basalganglinien stehen in enger Verbindung mit Strukturen im nahegelegenen Mittelhirn, mit der motorischen Region der Hirnrinde und mit dem Rückenmark. In der Nähe der Mittellinie hinter den Basalganglien an jeder Seite der dritten Hirnkammer liegt der Thalamus. Es ist eine eiförmige Masse von Nervenzellen, die alle sensiblen Informationen aus dem Kopf, dem Rumpf und den Gliedmaßen aufnimmt, sie verarbeitet und dann zu den sensiblen Bezirken der Hirnrinde, der Körperfühlsphäre, weiterleitet. Unterhalb des Thalamus befinden sich einige kleine Zellansammlungen, die den Hypothalamus bilden (s. auch endokrine Drüsen). Die Formatio reticularis ist ein schwierig zu definierendes Netzwerk von Nervenzellen und fasern im Zentrum des Hirnstammes. Von ihr ziehen Achsenzylinder im Rückenmark abwärts zu den motorischen Neuronen. Sie spielt eine gewisse Rolle bei der Kontrolle der Reflexe und der Muskelanspannung. Ferner ist sie beteiligt bei Schlaf und Bewußtsein. Der oberste Teil des Hirnstamms, das Mittelhirn, wölbt sich nach oben in das Großhirn vor. Es enthält eine Reihe von bewegungskoordinierenden Zentren und ist außerdem verantwortlich für Schlaf und Wachsein. Darunter befindet sich die Brücke (Pons), die mit dem Kleinhirn in Verbindung steht. Das Verbindungsstück von der Brücke zum Rückenmark ist das sog. verlängerte Mark (Medulla oblongata), in welchem Gruppen von Nervenzellen enthalten sind, die lebenswichtige Funktionen wie Atmung und Blutdruck regulieren. Das Rückenmark verläuft von der Schädelbasis bis in Höhe der oberen Lendenwirbelsäule. Während das Gehirn selbst 12 Nervenpaare abgibt, treten aus dem Rückenmark 31 Nervenpaare aus. Ein. H förmiger Kern mit grauen Nervenzellen bildet im Innern des Rückenmarks eine Säule, die von weißen Nervenfasern umgeben ist. Die vorderen Zacken des H enthalten Zellen, die für den Bewegungsablauf (Motorik) zuständig sind, während die hinteren Zacken bei der Gefühlswahrnehmung (Sensibilität) beteiligt sind. In der weißen Substanz verlaufen aufsteigende sensible Bahnen zum Gehirn und absteigende motorische Bahnen. Jeder Rückenmarksnerv besteht aus zwei Nervenwurzeln, einer motorischen und einer sensiblen, die vorn und hinten am Rückenmark austreten und sich dann miteinander verbinden. Das vegetative N., früher auch als autonomes N. bezeichnet, ist eng mit dem übrigen N. verknüpft. Es ist durch Willen und Bewußtsein nicht direkt beeinflußbar. Man nennt es vegetatives N., weil es die meisten lebenswichtigen Grundfunktionen reguliert und überwacht. Es besteht aus zwei Teilen, die man, da sie auf die Eindrücke von Gefühlen und Gemütsbewegungen reagieren, als Sympathikus und Parasympathikus bezeichnet. Sie versorgen die gesamte glatte Muskulatur des Körpers, die inneren Organe und die Drüsen. Wie die Zügel am Zaumzeug sind Sympathikus und Parasympathikus Gegenspieler. Wird der eine Zügel angezogen, so erschlafft der andere und umgekehrt. Dominieren z. B. die sympathischen Nervenimpulse, so schlägt das Herz schneller, die Pupillen der Augen erweitern sich, der Blutdruck steigt an, die Mundspeicheldrüsen stellen ihre Tätigkeit ein und die Darmbewegungen werden verringert. Der Parasympathikus bewirkt genau das Gegenteil. Das Herz schlägt langsamer, die Pupillen verengen sich usw. Wegen seiner wichtigen Eigenschaften hat sich die Arzneimittelforschung mit der Beeinflussung des vegetativen N.s besonders befaßt und zahlreiche Medikamente entwickelt, die eine selektive Wirkung auf Teilfunktionen des vegetativen N.s haben. Man kennt heute Medikamente, die sympathische Nervenimpulse unterdrücken und damit diejenigen des Parasympathikus verstärken und umgekehrt. Viele der zahllosen Reflexe, durch die Körperfunktionen gesteuert werden, gehen vom vegetativen N. aus, d. h. sie werden durch das Rückenmark und die außerhalb liegende Ganglienkette kontrolliert. Es sind Vorgänge, die normalerweise nicht in das menschliche Bewußtsein gelangen, obwohl man nicht sagen kann, daß das Gehirn über das, was geschieht, nicht informiert ist. Ist die Stärke eines Reizes groß genug, so gelangt er unterschwellig in das Bewußtsein. Das periphere N. ist derjenige Teil des Gesamtnervensystems, der örtlich am weitesten vom Zentralnervensystem entfernt liegt, jedoch in seiner Funktion eng mit ihm verbunden ist. Das periphere N. vermittelt die verschiedensten Empfindungen aus Haut, Muskulatur usw. zur Zentrale und erhält dafür entsprechende Informationen. Ganz am Ende der peripheren Nervenfasern finden wir feinste Nervenfäserchen, sog. Endplatten, oder mannigfach gestaltete kleine »Empfangsorgane«, die man als Rezeptoren bezeichnet. Sie sind in der Lage, die verschiedensten Reize wie Hitze, Kälte, Druck, Geräusche oder auch den Spannungszustand der Muskulatur in elektrische Impulse umzuformen und zur Zentrale zu leiten. Das Zentralnervensystem verarbeitet diese Reize und schickt wenn nötig Antworten an die verschiedenen Organe, die sog. Erfolgsorgane, aus, so daß man von einem Regelkreis sprechen kann. Bildlich sind die Rezeptoren mit der Sprechmuschel, die Erfolgsorgane mit der Hörmuschel eines Telefons vergleichbar. Die Rezeptoren sind nicht nur ihrem Bau, sondern auch ihrer Funktion nach spezifisch auf den Reiz eingerichtet, denn sie empfangen können. So reagiert z. B. die Netzhaut auf Licht, das Ohr auf Töne, die Geschmacksknospen der Zunge auf gelöste Stoffe. Es gibt Rezeptoren für Hitze und Kälteempfindungen, für Schmerz und für Druck und Rezeptorenkombinationen, die so sinnvoll angeordnet sind, daß sie vielschichtige Empfindungen wie den Gleichgewichtssinn oder Hunger und Durst oder sexuelle Empfindungen vermitteln können. Die eigentliche Interpretation der empfangenen Reize findet im Zentralnervensystem statt, für den Menschen unbewußt oder ihm, wie beim Sehen und Hören, bewußt werdend. Jeder Rezeptor ist so spezialisiert, daß er auf einen Reiz immer nur eine bestimmte Antwort gibt. Ein Schlag auf das Auge wird z. B. als »Sterne sehen« interpretiert, weil die Netzhaut (Retina) auf alle Reize, die sie empfängt, nur mit »Sehen« antwortet. Gehirnnerven: Die 12 paarweise angeordneten Gehirnnerven, die von der Hirnbasis aus zu den verschiedenen Körperteilen und organen ziehen, ohne eine Verbindung mit dem Rückenmark zu haben, können als Teil des peripheren N.s aufgefaßt werden. In ihrer Funktion unterschiedlich, setzen sie sich aus motorischen, sensorischen und manchmal auch vegetativen Nerven zusammen, sind also weitgehend gemischte Nerven. Sie vermitteln die Empfindungen des Geruchs, des Sehens, des Geschmacks; die Bewegungen der Augen, der Gesichtsmuskeln, der Zunge, der Kaumuskulatur und des Verdauungsapparates. Ober sie verlaufen auch angeborene Reflexe wie Nies und Schluckreflex.
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