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Diphtherie

Die »Rachenbräune« hat viel von dem Schrecken, der früher mit ihrem Namen verbunden war, verloren, seitdem in der Heilserumbehandlung ein Mittel vorhanden ist, das die gefahrvollen Folgen der Infektion mit Diphtheriebakterien bannt. Hervorgerufen wird die Krankheit durch eine Infektion mit Diphtheriebakterien, die im Allgemeinen durch Tröpfcheninfektion (siehe dazu das Kapitel Auswurf) übertragen werden. Am empfänglichsten für die Ansteckung sind Kinder vom 2. bis zum 6. Lebensjahr; im ersten Lebensjahr ist die Empfänglichkeit verhältnismäßig gering, nach dem 6. Lebensjahr nimmt sie langsam ab. Das besagt natürlich nicht, dass nicht auch ein Erwachsener an einer Diphtherie erkranken kann, sondern lediglich, dass Erwachsene, wenn sie Diphtheriebakterien aufnehmen, im Durchschnitt weniger häufig erkranken als Kinder. – Die ersten Krankheitserscheinungen treten etwa 2 bis 4 Tage nach der Infektion
auf. Sie äußern sich zunächst in einer Erkrankung der Mandeln und können dann im äußeren Erscheinungsbild manchmal Ahnlichkeit mit einer »einfachen« Angina haben (siehe dazu Angina Spalte 32). Auffällig ist manchmal, dass die Krankheitserscheinungen zunächst nur eine Halsseite betreffen, dass die Drüsen an der betroffenen Halsseite besonders stark geschwollen sind oder dass im Verhältnis zu der offensichtlich schweren »Mandelentzündung« die Temperatur nicht besonders hoch ansteigt (also auf nicht mehr als 38 oder 38,5 Grad, während sie bei einer »einfachen« Angina meist 39 oder 39,5 Grad erreicht). Der Laie tut aber gut daran, in jedem Fall von Angina zunächst lieber anzunehmen, dass es vielleicht auch eine Diphtherie sein könnte, bis die ärztliche Untersuchung die Sachlage geklärt hat. Denn umgekehrtes Verhalten – also viele Tage lang darauf zu vertrauen, dass es wohl nur eine »einfache« Angina sein wird, und dadurch einer tatsächlich vorhandenen DiphtherieErkrankung reichlich Zeit zur Ausbreitung zu lassen –bringt den Erkrankten in ernsteste Gefahren. Davon wird gleich noch die Rede sein. Zunächst das Krankheitsbild: Die erkrankten Mandeln bedecken sich mit einem etwas schmierigen, weißlichgrünen, eitrigen Belag, der sehr bald von den Mandeln aus auf die Gaumenbögen und auf das Zäpfchen übergreifen kann. Andererseits kann dieser diphtherische Belag – bleibt die Infektion unbehandelt –auch weiter nach hinten in den Rachen und in den Kehlkopf »hineinkriechen« und durch diese Erkrankung des Kehlkopfes zu schwersten Erstickungserscheinungen (zum »Krupp«) führen – eine Komplikation, der man früher nur durch Anlegen eines Luftröhrenschnittes (Tradieotomie) begegnen konnte. Fast noch wichtiger als die eigentliche örtliche Erkrankung durch die Diphtheriebakterien ist die Tatsache, dass diese Bakterien einen Giftstoff (Toxin) bilden, der von der Erkrankungsstelle aus ins Blut gelangt und als ausgesprochenes Nerven- und Muskelgift wirkt. Starke allgemeine Müdigkeit und heftige Kopfschmerzen sind das erste Zeichen einer solchen Vergiftung mit DiphtherieToxin. Im weiteren Verlauf der unbehandelten Diphtherie kann es zu Nervenentzündungen bzw. lähmungen kommen oder zu einer erheblichen Vergiftung des Herzmuskels, so dass die Kraft des Herzens versagt. Sitz der Diphtherie sind in etwa 600/0 der Fälle Mandeln und Rachen. Die Nasendiphtherie kommt vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern vor. Anzeichen sind ein blutigeitriger Schnupfen und Krusten an Naseneingängen und Oberlippe; das Allgemeinbefinden ist dabei oft wenig gestört. – Durch Schmierinfektion kann es zur Hautdiphtherie kommen; bevorzugt werden wunde Stellen am Hals, hinter den Ohren oder in der Leistengegend befallen. – Weitere Lokalisationen: Wunddiphtherie, Nabeldiphtherie und Bindehautdiphtherie. – Die Kehlkopfdiphtherie entsteht zumeist – wie schon erwähnt – durch Übergreifen der Beläge vom Rachen aus; sie kann aber auch primär von vornherein auftreten. Die Kehlkopfenge äußert sich in Atemnot, heiserer, tonloser Stimme und trockenem, quälendem Husten. Wenn die Beläge weiter in die Bronchien hinabsteigen, besteht höchste Lebensgefahr. – Eine besonders schwere Verlaufsform wird als toxische oder maligne Diphtherie bezeichnet. Unter hohem Fieber, Erbrechen, stark beeinträchtigtem Allgemeinbefinden und Todesangst verfärben sich die Beläge bräunlich, und der ganze Hals schwillt an. – Charakteristisch für alle Diphtheriebeläge ist der süßlichfade Geruch, der in schweren Fällen aashaftfaulig werden kann. Die wichtigsten Gesichtspunkte bei der Behandlung der Diphtherie sind folgende: Die Diagnose muss so früh wie möglich gestellt werden. Das bedeutet: Der Laie soll, wie schon gesagt, vorsorglich jede »eitrige Angina« als diphtherieverdächtig ansehen, bis die ärztliche Untersuchung diesen Verdacht sicher beseitigen konnte. Besonders ernst zu nehmen ist dieser Rat bei Erkrankung von Kindern, weil diese, wie bereits erwähnt, empfänglicher für eine Erkrankung durch Diphtheriebakterien sind als Erwachsene. Sorgfältigste Beobachtung ist angebracht, wenn etwa in der Umgebung eines Kindes DiphtherieErkrankungen aufgetreten sind, wenn also überhaupt an die Möglichkeit zu denken ist, dass sich ein Kind etwa 2 bis 4 Tage vor seinem Krankwerden mit Diphtherie- bakterien angesteckt haben könnte. Hat der Arzt zunächst Zweifel, ob es sich in einem Einzelfall um eine eitrige Angina oder um eine beginnende Diphtherie han- delt, weil das Krankheitsbild zunächst nicht charakteristisch ist, so wird er von der erkrankten Halsstelle einen »Abstrich« machen und diesen zur Prüfung auf Diphtheriebakterien an eine Untersu- chungsstelle einsenden. Besteht aber über- haupt die Möglichkeit, dass es sich um eine Diphtherie handeln könne, so wird der Arzt nicht erst abwarten, bis das Er- gebnis der Abstrichuntersuchung vorliegt, sondern sogleich vorsorglich Diphtherie- Serum geben. Es gilt für solche Fälle die Regel, dass es besser ist, gelegentlich ein- mal »umsonst« DiphtherieSerum zu in- jizieren, als es einmal nicht früh genug angewandt zu haben. Diese Tatsachen wur- den hier so ausführlich erwähnt, um wirk- lich deutlich zu machen, dass gerade bei der Diphtherie alles darauf ankommt, den Arzt so frühzeitig wie möglich herbei- zurufen. Diphtheriebakterien sind gegen Mittel aus der Reihe der Antibiotika (z. B. gegen Penicillin und Erythromycin) emp- findlich; man kann sie also durch Anwen- dung dieser Mittel bekämpfen und erreicht damit, dass sich die örtlichen Krankheits- erscheinungen nicht mehr weiter ausdeh- nen. Man richtet aber mit diesen Mitteln nichts gegen die Giftstoffe aus, die, von den vorhandenen Bakterien gebildet, be- reits in den Körper gelangten und hier die erwähnten Schäden an Nerven und Herz- muskel hervorrufen können. Gegen dieses DiphtherieToxin hilft nur das Diphtherie- Serum; es kann allerdings nur das im Blut zirkulierende Toxin unschädlich machen. Das bereits im Gewebe (Herzmuskel, Ner- ven) gebundene Toxin ist therapeutisch nicht mehr erreichbar. Vor jeder Serum- injektion stellt der Arzt fest, ob der Patient schon einmal ein Serum erhalten hat. Um in diesen Fällen unliebsame Komplikationen zu vermeiden, muss das Serum einer anderen Tierart genommen werden. Ebenso ist bei Allergikern Vorsicht geboten (siehe Allergie und Serumkrankheit). – Wichtig ist auch die Beruhigung der Diphtheriekranken. Eine plötzliche Anstrengung oder Aufregung kann den sofortigen Herztod zur Folge haben. Das gilt auch für die Rekonvaleszenz, wenn eine toxische Herzmuskelentzündung vorgelegen hat! Außerdem sollen die Kranken reichlich Vitamin Bi und C erhalten. Die Blutarmut nach schwerer Diphtherie erfordert eine Eisentherapie. Die Genesung nach Diphtherie braucht ihre Zeit, die Patienten dürfen ihre gewohnte Tätigkeit nicht zu früh wieder aufnehmen. Wenn auch die Häufigkeit der Diphtheriefälle und die Sterblichkeit an Diphtherie in den letzten Jahren stark abgenommen haben, kommt es immer wieder zu kleineren örtlichen Häufungen. über DiphtherieSchutzimpfungen ist unter Impfungen Näheres gesagt.

 

 

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